Thomas Allemann, nach fast 25 Jahren bei HotellerieSuisse gehen Sie in Pension. Wie steht der Verband heute da?
Finanziell sehr gesund. Wir haben in den letzten Jahren konsequent an Effizienzsteigerung gearbeitet und uns klarer auf unsere Kernaufgaben fokussiert. Strukturell sind wir schlagkräftig – wir haben die Organisation mehrfach angepasst, um am Puls der Zeit und der Mitgliederbedürfnisse zu bleiben. Ein Beispiel: Im Bildungsbereich konzentrieren wir uns heute auf die bildungspolitischen Aufgaben – die Bildungsangebote wurden an spezialisierte Partner übergeben.
Was sagt Thomas Allemann zu ...
... Hotellerie Suisse: Ein hochprofessioneller Verband, nah bei seinen Mitgliedern.
... Schweizer Tourismusverband: Ein wichtiger Dachverband des Tourismus, der nur so stark oder schwach ist, wie er von seinen Mitgliedern unterstützt wird.
... Schweizer Tourismus: Eine phantastisch gute Marketing Organisation für die Schweiz – aber auch in eigener Sache (schmunzelt)
... Hotel Stars Union: Die Zukunft der Hotelsterne
Welche Themen sind für den Verband zentral?
Erstens: die wirtschaftspolitische Interessenvertretung gegenüber Politik, Behörden und Wirtschaft. Zweitens: Kommunikation – wir bedienen heute alle Kanäle bis hin zu TikTok. Drittens: Qualitätssicherung. Die Hotelklassifikation bleibt für mich ein zentrales Instrument. Und im Bereich Nachhaltigkeit bauen wir aktuell in einem von Innotour unterstützten Projekt ein grosses Rahmenwerk auf, das den Betrieben Orientierung und Messbarkeit bietet.
Mit Ihrem Rücktritt geben Sie auch das Präsidium beim Switzerland Travel Centre (STC) und das Vizepräsidium der Hotelstars Union ab. Wären Sie gerne länger geblieben?
Nein – nicht, weil die Aufgaben uninteressant wären, sondern weil ich überzeugt bin, dass es nach 12 beziehungsweise 15 Jahren neue Impulse braucht. Frische Perspektiven sind wertvoll. Zudem sind die Ämter direkt mit meiner Funktion bei HotellerieSuisse verknüpft. Es ist der richtige Moment.
Hotelstars Union ist in der Schweiz wenig bekannt. Wie würden Sie die Organisation in einem Satz beschreiben?
Es ist die europäische Interessengemeinschaft nationaler Hotelklassifikations-Organisationen mit dem Ziel, ein harmonisiertes System zu schaffen.
Wer aus Übersee kommt, soll sich auf die Sterne verlassen können – egal ob in Wien, Barcelona oder Zürich.
Was war Ihre Motivation für dieses europäische Klassifikationssystem?
Der Gast steht im Zentrum unserer Motivation. Wer aus Übersee kommt, soll sich auf die Sterne verlassen können – egal ob in Wien, Barcelona oder Zürich. Transparenz und Vergleichbarkeit sind zentral. Gleichzeitig profitieren auch Hoteliers: gleiche Kriterien für gleiche Sterne in ganz Europa.
Heute vergeben Plattformen wie Booking.com eigene Bewertungen. Ist Hotelstars Union noch zeitgemäss?
Absolut. Die Online-Bewertungen sind wichtig, aber sie basieren oft auf der Selbstdeklaration. Wir jedoch prüfen vor Ort die Infrastruktur, Zustand, Sicherheit, Hygiene – objektiv und fundiert. Gerade im Ausland sieht man aber oft dass die Infrastruktur gemäss Vorgaben vorhanden ist es aber am Zustand oder der Qualität der materialisierung mangelt.
Die Gästebewertung geben einen Ausgleich zur Selbstdeklaration der Hotels. Was sagen Sie dazu?
Nein, weil Gästebewertungen subjektiv sind – sie hängen stark von den Erwartungen und dem Hintergrund der Gäste ab. Es braucht beides: Klassifikation als objektives Versprechen, Bewertung als persönliche Rückmeldung.
Klassifikation als objektives Versprechen, Bewertung als persönliche Rückmeldung.
Was war Ihr grösster Meilenstein bei der Hotelstars Union?
Die erste grosse Revision der Klassifikationskriterien 2013, – nur kurze Zeit nach der ursprünglichen Harmonisierung. Wir hatten mit Studien, Pilotprojekten und viel Dialog ein neues System geschaffen – im Konsens mit allen Mitgliedsländern. Das war ein Kraftakt. Und trotzdem haben wir bereits kurze Zeit nach der Einführung eine Revision durchgeführt, genau so, wie es die Statuten verlangten.
Gab es auch Rückschläge?
Ja, besonders schmerzlich war der gescheiterte Versuch, Frankreich ins Boot zu holen. Ich habe unzählige Gespräche geführt, war oft in Paris. Doch am Ende blieb es im Frühling 2025 bei einem Nein. Das hat enttäuscht – zeigt aber auch, wie schwierig nationale Interessen zu vereinen sind.
Was wünschen Sie sich für Ihre Nachfolge?
Dass die Schweiz weiterhin im Vorstand der Hotelstars Union vertreten bleibt. Wir haben eine Brückenfunktion zwischen Nord und Süd – sprachlich, kulturell, mentalitätsmässig. Ich hoffe, dass Daniel Beerli von HotellerieSuisse die Nachfolge antreten kann. Er kennt die Organisation und die Dossiers gut. Die Zeichen stehen gut.
Und persönlich: Welche Reise bleibt Ihnen besonders in Erinnerung?
Die Reise nach Aserbaidschan. Wir durften das Land bei der Einführung des Klassifikationssystems begleiten – mit dem Präsidenten des Hotelierverbands, mit Regierungskontakten. Es war beeindruckend, wie professionell und entschlossen dort gearbeitet wurde. Ein Blick in eine andere Welt – aber mit denselben Zielen.
Können Sie etwas aus dem Nähkästchen plaudern?
Damit die Klassifikation in allen Landesteilen eingeführt wird, haben vorgeschlagen, das System obligatorisch zu machen. Der Präsident des Hotelierverbands meinte dann nur: «Ich spreche mal mit der First Lady.» Sie ist die Besitzerin der grössten Hotelgruppe im Land. Schon zehn Tage später gab es in Asarbaidschan ein neues Gesetz. Das zeigt, wie schnell und direkt dort manchmal alles läuft. Das ist eine ganz andere Welt als hier – aber es ist trotzdem hochprofessionell.
Nun steht Ihre Pensionierung bevor. Wenn Sie sie ein Hotelkonzept wäre – wie sähe es aus?
(Lacht) Eindeutig ein Wellnesshotel, nur ist es so, dass ich am Morgen in der Hauswirtschaft arbeite und das ist ein Perspektivenwechsel, denn bisher hat das meine Frau erledigt. Ich hoffe, dass viele Männer nach der Pensionierung auch Verantwortung im Haushalt übernehmen. Am Nachmittag aber ist Wellness angesagt, dazu gehören für mich kochen und Sport treiben. Und: Ich lerne Klavier spielen. Das alles ist bereichernd.
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