In Mulegns steht jetzt ein Turm aus dem 3D-Drucker – 30 Meter hoch, das weltweit höchste gedruckte Betonbauwerk, Schicht für Schicht von einem Roboterarm gebaut. Ein visionäres Kunstwerk, das in einem 13-Seelen-Dorf den Spagat wagt zwischen digitaler Avantgarde und alpinem Erbe.

Gaudí wäre stolz auf diesen verschnörkelten Zwilling seiner Träume – nur eben aus dem Drucker statt aus Stein. Ein Bau, der provoziert, fasziniert – und aufzeigt, wie selbst kleinste Orte zur Bühne grosser Ideen werden können. Hier wird nicht einfach gebaut, hier wird gedacht, gestaltet, experimentiert.

Die ETH Zürich nennt es Forschung, das Engadin nennt es Kultur, für den Tourismus ist es ein Leuchtturmprojekt. Die Schweiz zeigt hier, was sie kann: Hightech mit Haltung, Tradition mit Twist. Der Turm ist Statement und Labor zugleich.

Doch so sehr wir solche Innovationen feiern – niemand will gedruckte Berge. Die Alpen sind keine Leinwand für Tech-Fantasien. Der Tourismus lebt vom Authentischen, nicht vom Absurden. Die Kunst darf hoch hinaus, solange sie weiss, wo sie steht. Und dieser Turm weiss es. Er ersetzt nichts, er überzeichnet nur – und erinnert uns daran, wie schmal der Grat zwischen gestalterischer Freiheit und landschaftlicher Zumutung ist. Mehr davon – aber mit Mass. Schweizer Innovation ist dann am stärksten, wenn sie ihre Umgebung respektiert.

Nora Devenish ist stellvertretende Chefredaktorin von htr hotelrevue.