Die fünf Sinne begleiten mich durchs Leben, prägen meine Wahrnehmung und wecken Emotionen, die in meinen Erinnerungen gespeichert werden. Sie machen Lust auf mehr. In der Hotellerie und Gastronomie sind sie mittlerweile unverzichtbarer Bestandteil des «Sensory Marketing», das ein ganzheitliches Erlebnis schafft, den Umsatz steigert und sich nachhaltig im Unterbewusstsein der Gäste verankert.
Ich bin ein visueller Mensch. Deshalb nehme ich beim Betreten eines Hotels die schöne Einrichtung und das durchdachte Design wahr. Es ist ein bewusstes Eintauchen und Einlassen auf alles, was mich umgibt. Mein Auge und meine «Déformation professionelle» nehmen eben auch Ungewolltes wahr. Betrete ich die Hoteltoilette oder das Fitnesscenter und es riecht unangenehm, rümpfe ich die Nase. Es kann den Aufenthalt trüben. [RELATED]
Im Gegensatz dazu bleiben der angenehme Raumduft in der Lobby und der frische Blumenduft im Gedächtnis haften. Diese olfaktorischen Eindrücke schaffen bei mir das Gefühl von Wohlbefinden und Zugehörigkeit. Mein Gaumen erfreut sich an den Kreationen des Küchenchefs oder der exquisiten Tartelette au citron der Patissière. Hier zeigt sich, dass die Liebe zum Detail für den Geschmack entscheidend ist.
Haptische Eindrücke verstärken das Gefühl von Geborgenheit. Das sanfte Eintauchen in weiche Bettlaken oder das Einkuscheln in einen flauschigen Bademantel sind kleine, aber bedeutende Momente, die den Aufenthalt unvergesslich machen. Die Klänge des sympathischen Pianisten in Lobby, Bar und Gängen laden ein, mich ganz diesem Moment hinzugeben. Meine «Lust auf mehr» und der Gedanke «Hierher komme ich zurück» entstehen nur, wenn das Gesamtpaket harmonisch ist.
Haptische Eindrücke verstärken das Gefühl von Geborgenheit.
Wenn der freundliche Türsteher am Eingang mich mit Namen anspricht und die Réceptionistin mich mit «Schön, dass Sie da sind – auf was haben Sie heute Lust?» begrüsst, fühle ich mich gleich wahrgenommen. Da vergesse ich dann gerne meine lange To-do-Liste. Spätestens aber, wenn der Restaurantmanager mir meine Lieblingsspeise, Wiener Schnitzel, vorschlägt. Und wenn der Barman meinem Hund liebevoll eine Decke und einen Wassernapf bringt und später mit der Leckerli-Kiste vorbeischaut, dann hat das den Wow-Effekt. In solchen Augenblicken zücke ich mein Handy, um ein Foto zu machen, um es später mit meinen Liebsten zu teilen oder auf Instagram zu posten.
Gastfreundschaft will inszeniert werden. Deshalb propagiere ich ein durchdachtes Konzept mit einem roten Faden und der Passion der Mitarbeitenden, Gastgeber zu sein. Daraus werden Erlebnisse für die Sinne und die Ewigkeit geboren. Es sind die Menschen im Hotel, die mich nachhaltig beeindrucken – sie sind die Seele des Hauses, sie knüpfen diesen roten Faden im Hotel zu Ende.
Mein sechster Sinn ist mein wichtigster Begleiter und Wegweiser. Er zeigt mir zuverlässig an, wohin ich bestimmt zurückkommen werde – egal, wo auf dieser Welt das ist.
Tanja Wegmann leitet seit drei Jahren ihr Beratungsunternehmen Tanja Wegmann Hospitality. Mit umfassender Managementerfahrung und einem MBA der Henley Business School berät sie Unternehmen und ist in mehreren Verwaltungsräten sowie Stiftungen tätig.